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Umwelt

und Niveau élevé

Umwelt

Leben, ob menschliches, tierisches oder pflanzliches, ist immer eingebettet in ein Umfeld aus Gegebenheiten oder Bedingungen, die in einem ganz bestimmten Gleichgewicht stehen müssen. Verändern sich diese Bedingungen, dann muss sich die Lebensform entweder mitverändern, oder sie stirbt aus.

Ein ganz entscheidender Schlüsselpunkt für diese Bedingungen, vermutlich sogar der wichtigste von allen, ist unser Klima. Man nimmt an, dass Leben auf unserem Planeten überhaupt nur aufgrund der Erdatmosphäre, also unserem „Klima“, möglich war und ist. Auf dem Mars mag es auch irgendwann mal Leben gegeben haben. Doch dann verschwand die Atmosphäre und ohne den Schutz vor Strahlung und ohne einem „Klima“ konnte sich weder Wasser noch die anderen für das Leben notwendigen Grundvoraussetzungen halten. Somit verschwand das Leben vom Planeten Mars, wenn es denn jemals ein solches gegeben hat.

Eine Atmosphäre, mit dem dazugehörigen Klima, ist also die Basis für ein „Ökosystem“, welches wiederum die Grundlage für Leben ist. Während die Veränderung einer einzigen „Bedingung“ oder Gegebenheit des Klimas auf die einzelnen Arten an sich vielleicht noch keine lebensentscheidende Auswirkung hat, so hat sie auf ein Ökosystem eine sehr viel größere Wirkung. Hier reagieren dann die verschiedenen Teile des Systems und werden selbst zum Veränderer im Ökogleichgewicht. Die Wirkung potenziert sich so über einen Dominoeffekt.

Die wichtigste Komponente des Klimas ist die Durchschnittstemperatur. Eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur von nur 5°C bewirkte am Ende des Perm, also vor ca. 252 Millionen Jahren, dass 95 % aller meeresbewohnenden und ca. 66 % aller landbewohnenden Lebensformen ausstarben. Umgekehrt starben vor 444 Millionen Jahren durch ein Absinken der Durchschnittstemperatur um 5° C auch über 50 % aller Arten aus.

Wenn wir einen Blick auf die Statistik des Aussterbens der landesbewohnenden Lebensformen werfen, dann sehen wir sehr gut, wie globale Klimaveränderungen in den vergangenen
542 Millionen Jahren unser Ökosystem immer wieder beinahe zerstört und dann wieder langsam aufgebaut haben.

Die Grafik zeigt, wie viel Prozent (linke senkrechte Achse) der landesbewohnenden Tier- und Pflanzenarten vor wie vielen Jahren (untere waagrechte Achse in Millionen) und zu welcher geologischen Zeit (obere waagrechte Achse) ausgestorben sind.

Die Durchschnittstemperatur unseres Klimas wird vor allem durch den Gehalt an Kohlendioxid (CO²) in der Luft geregelt.  Der Zusammenbruch des Ökosystems und das Artensterben vor 444 Millionen Jahren wurde durch ein Absacken der globalen Durchschnittstemperatur um 5°C ausgelöst. Grund hierfür war aller Wahrscheinlichkeit nach das Erscheinen von Landpflanzen, welche der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen. Dies geschah nicht nur durch den Aufbau von Biomasse durch Photosynthese, sondern auch durch die damit einhergehende Verwitterung des Bodens. Das Artensterben vor 252 Millionen Jahren geht zurück auf einen Temperaturanstieg um 5°C, dieses Mal bedingt durch eine Erhöhung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre. Grund hierfür war der sibirische Trapp. Dabei handelt es sich um eine aus Flutbasalten entstandene, magmaüberflutete Provinz in Sibirien, bei deren Entstehung große Mengen an CO² frei wurden. Auch das große Sterben vor 200 Millionen Jahren geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Freisetzung großer Mengen von CO² zurück, welche durch die magmatischen Eruptionen im Atlantik vor dem Auseinanderbrechen der dortigen Kontinentalplatte stattfanden. Der Kollaps des Ökosystems vor ca. 60 Millionen Jahren geht vermutlich auf den Einschlag eines Kometen zurück.
Wie muss man sich den Verlauf einer solchen Klimakatastrophe vorstellen? Wieso sterben bei einer doch relativ gering erscheinenden Schwankung der Durchschnittstemperatur plötzlich 95 % aller Meeresbewohner und über die Hälfte aller Pflanzen und Tiere zu Lande aus? Der erste Schritt, oder die Einleitung der Katastrophe, ist das Abschmelzen der Eiskappe am Nordpol. Weiße, schneebedeckte Eisflächen reflektieren das Sonnenlicht zurück ins All und damit auch die Wärme. Mit einem höheren Gehalt des Treibhausgases CO² in der Luft erwärmt sich das Klima. Wenn die Eiskappe am Nordpol aufgrund der höheren Temperaturen etwas abschmilzt, wird sie kleiner und reflektiert weniger Licht zurück ins All, welches stattdessen ins tiefblaue, offene Meer fällt und dieses aufheizt. Durch die höhere Wassertemperatur schmilzt die Eisschicht dann noch mehr, was bewirkt, dass noch mehr Sonnenlicht ins Meer fällt, usw. Nach einer spiralförmigen Temperaturkurve nach oben verschwindet schlussendlich die Polkappe zu einem großen Teil.
Das Ansteigen der globalen Durchschnittstemperatur um knapp 2°C hat in der Arktis einen Temperaturanstieg um 4°C bewirkt. Denn hier wirkt jetzt nicht nur das Treibhausgas CO², sondern auch das veränderte Verhältnis von weißem, schneebedecktem Eis zu dunklem, offenem Meer.
Dies wiederum hat eine Auswirkung auf den Golfstrom. Der Temperaturunterschied zwischen Äquatorgegend und Polargegend und das schwimmende Gletschereis des Nordpols sind der Motor des Golfstroms. Durch Gefrieren eines Teils des Meerwassers am Nordpol verändert sich sein Salzgehalt und schweres, kaltes, stark salzhaltiges Wasser sinkt auf den Meeresboden ab. Von dort fließt es in der Tiefe zurück zum Äquator, wo es sich wieder aufheizt, an die Oberfläche aufsteigt und in den oberen Wasserschichten wieder zum Nordpol strömt. Ohne die eisigen Temperaturen des Nordpolwassers und das schwimmende Packeis kommt der Golfstrom zum Erliegen.

Da der Golfstrom die einzige Zufuhr von Sauerstoff für die Tiefsee darstellt, bewirkt ein Aussetzen desselben das Absterben aller „aeroben“ Organismen der Tiefsee. Das große Sterben beginnt also zunächst in der Tiefe der Ozeane. Die faulenden Kadaver der Tiefseebewohner und das tote Plankton bewirken dann ein „Kippen“ des aeroben Systems, also des sauerstoffhaltigen Wassers, in ein „anaerobes“ System, also ein sauerstoffarmes Ökosystem, welches von Fäulnisbakterien dominiert wird. Saures, schwefelhaltiges Wasser steigt nun in die höheren Schichten des Meeres auf und bewirkt dort ebenfalls eine Ökokatastrophe mit der Folge, dass schlussendlich das komplette aerobe Lebenssystem des Meeres ausstirbt und nur noch anaerobe Lebewesen wie bestimmte Bakterien und Algen existieren. Das ganze Meer wird zu einer roten, schwefelhaltigen Brühe, in der keine normalen „aeroben“ Bakterien oder Plankton mehr leben können. Doch das Meer produziert 75 % unseres Luftsauerstoffs. Ohne diesen kippt dann in einer weiteren Etappe der Katastrophe die Atmosphäre um. So sterben nach den Meeresarten die meisten Landtiere aus. Den Rest erledigt der „saure Regen“. Schon ein höherer CO²-Gehalt der Luft beeinflusst den PH-Wert der Meere. Etwa die Hälfte des freien CO² ist im Wasser der Meere gebunden und verwandelt es zu Kohlensäure. So hat, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, der erhöhte Kohlendioxidgehalt der Luft den Säuregehalt der Meere schon etwa verdoppelt. Wenn das Meer aber erstmal komplett umkippt und der größte Teil des maritimen Lebens abstirbt, dann verdunstet nicht normaler Wasserdampf über dem Meer und füllt die Regenwolken, sondern schwefelhaltige Kohlensäure oder andere Säuren und ein stark saurer Regen lässt dann auch noch die meisten Pflanzenarten zu Lande aussterben.
Wenn die Katastrophe ihren Höhepunkt erreicht hat, beginnt ein ganz neuer ökologischer Prozess. Nun gedeihen anaerobe Bakterien und Algen, welche der Atmosphäre wieder das viele CO² entziehen und verarbeiten es zu Erdöl. Die toten, mit Öl gefüllten Bakterien und Algen sinken zu Trilliarden auf den Meeresboden ab, wo sie die späteren Erdöl-Lagerstätten bilden. Durch den Entzug des CO² aus der Atmosphäre sinkt die Temperatur wieder, es bilden sich neue Eiskappen an den Polen, es entsteht wieder ein Golfstrom. Nun tötet der in die Tiefsee gelangende Luftsauerstoff die dortigen anaeroben Bakterien, die Tiefsee kippt wieder zurück in ein „aerobes“ System und schlussendlich entwickelt sich ein neuer Naturzyklus, ähnlich dessen, was vor der Öko-Katastrophe existierte. Neue, kalkhaltige Meerestiere lagern Kalkschichten über den Schichten der toten Ölbakterien ab und so entstehen die unterirdischen Erdöl-Lagerstätten.

Was sich vor 252 Millionen und vor 200 Millionen Jahren abspielte, wiederholt sich gerade in diesen Jahrzehnten. Ein großer Teil des CO², welches die Umweltkatastrophe am Ende des Perm und am Ende des Trias auslöste, ist in Erdöl gebunden. Besser gesagt, es war in Erdöl gebunden. Und während dieses CO² am Ende des Perm innerhalb von 200.000 Jahren in die Atmosphäre gelangte, werden wir Menschen es schaffen all das daraus entstandene Erdöl innerhalb von ca. 200 Jahren in Form von CO² in die Atmosphäre zu blasen. Doch dessen nicht genug, verheizen wir gleichzeitig auch noch Unmengen von Kohle, welches das gespeicherte CO² der Landmassen darstellt. Wir bringen also das Kohlendioxid von zwei globalen Umweltkatastrophen innerhalb kürzester Zeit in unsere Atmosphäre ein.
Die Folge davon wird eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur sein. Die Folge davon ein Abschmelzen der Polkappen. Die Folge davon ein Aussetzen des Golfstroms, mit dem daraus resultierenden Umkippen des Meeres und einer drastischen Reduktion des Luftsauerstoffs. Schon jetzt hat die Eiskappe am Nordpol im Sommer nur noch die halbe Größe derer vor 30 Jahren und im Sommer 2013 setzte zum ersten Mal der Golfstrom für kurze Zeit aus. Über etwa 2 Wochen konnten die Meeresforscher keine Strömung mehr messen.

Obwohl die Mechanismen der Ökokatstrophen am Ende des Perm und am Ende des Trias bekannt sind und obwohl klar ist, dass sich dieser Mechanismus jetzt gerade wiederholt, wird relativ wenig gegen diese Entwicklung unternommen. Klimakonferenzen alleine helfen ja nichts. Wir hatten vor der Industrialisierung einen CO²-Gehalt in unserer Atmosphäre von 220 ppm, also von 0,022 %. Heute haben wir einen CO²-Gehalt von 380 ppm. Gleichzeitig geht der „Neueintrag“ von CO² in die Atmosphäre ungebremst weiter. Jede Woche gehen, global gesehen, etwa zwei neue Kohlekraftwerke ans Netz. Etliche Wissenschaftler sind sogar der Ansicht, dass wir den „Point of no Return“ schon überschritten haben und sich ein Zusammenbruch unseres jetzigen Ökosystems nicht mehr aufhalten lässt, egal was wir jetzt noch unternehmen. Selbst bei einem völligen Verzicht auf fossile Energien würde, ihrer Meinung nach, der sich selbstverstärkende Prozess des Verschwindens des Nordpoleises nicht mehr aufzuhalten sein. Wenn das Nordpoleis einmal eine Mindestgrenze unterschritten hat und der Golfstrom stoppt, nimmt das Umkippen des Meeres seinen Lauf und kann nicht mehr gestoppt werden.

Ob der Kollaps des Ökosystems nun exakt diesen Verlauf nimmt, wie einige Klimaforscher es vermuten, ist nicht sicher. Man könnte ja annehmen, dass es auch ohne die Eisbildung am Nordpol einen Golfstrom gäbe. Das warme, und damit leichtere Meerwasser am Äquator von ca. 30°C würde in jedem Falle nach oben steigen und sich an der Meeresoberfläche ausbreiten, während das kältere Polarmeerwasser in die Tiefe sinken würde. Somit würde ohnehin eine Strömung an der Wasseroberfläche vom Äquator zu den Polen und in der Tiefe der Meere vom den Polen zum Äquator stattfinden. Ein Problem hierfür stellt nur die Anomalie des Wassers in seiner temperaturbedingten Ausdehnung dar. Je wärmer Wasser wird, umso leichter wird es, bzw. je kälter es wird, umso schwerer. Jedoch kehrt sich dieser Mechanismus bei 4°C um. Wasser mit nur 1°C oder 0°C ist leichter als Wasser mit 3° oder 4°C. Eiswasser mit 0°C sinkt also nicht auf den Meeresboden ab, es bleibt an der Oberfläche. Um die 4°C-Barriere zu überwinden bedarf es daher der Erhöhung des Salzgehalts, welcher im Packeis entsteht, wenn ein Teil des Meerwassers gefriert. Wenn Salzwasser zu Eis gefriert, dann gefriert es immer als Süßwasser. Das Salz bleibt im verbleibenden Wasser zurück. Je höher der Salzgehalt, umso schwerer das Meerwasser. Deswegen ist die Eisbildung im offenen Meer einer der Hauptmotoren des Golfstroms, der es dem schweren Wasser ermöglicht, trotz der 4°-Schwelle der Wasserschichtung, in die Tiefe zu sinken. Würde dieser Mechanismus nicht mehr funktionieren, dann hätten wir vermutlich zumindest einen sehr viel kürzeren Golfstrom, der an den Küsten Kanadas und Islands stoppen würde.

Einige Klimaforscher vermuten auch, dass mit Aussetzen des Golfstroms sich die Arktis wieder Abkühlen würde, dann kämen nämlich keine warmen Wassermassen aus dem Süden mehr in den Norden. Sie prognostizieren sogar eine kleine Eiszeit als Folge. Eine andere Tatsache spricht auch gegen den baldigen totalen Ökokollaps: Die Antarktis basiert nicht wie die Arktis auf schwimmendem Eis, sondern auf Eis auf einem Landmassiv. Hier schwindet das Eis daher nicht und weicht dem offenen Meer. Der Labrador-Strom, das südliche Pendent zum Golfstrom, ist also nicht gefährdet.
Die Vorstellung von einer Welt, in der bald der Luftsauerstoff zum Atmen nicht mehr ausreicht, wo wir nicht nur Strom und Wasser per Leitung in unsere Wohnungen geliefert bekommen, sondern auch noch die Atemluft, und wo wir auf offener Straße mit Sauerstoffmaske umherlaufen müssen, ist also eine bisher unbewiesene Annahme nur eines Teils der Klimaforscher. Doch eines bleibt zu vermuten: Zu dem Zeitpunkt, an dem wir Klarheit über diese Fragen haben werden, ist es sicherlich zu spät das Rad noch herum zu reißen und wirkungsvoll gegenzusteuern.

Fazit ist, dass in der Vergangenheit etliche globale Umweltkatastrophen, ausgelöst durch einen treibhausgasbedingten Temperaturanstieg oder Abschwung, einen Großteil aller tierischen und pflanzlichen Lebensformen aussterben ließen. Die Geschwindigkeit, mit der wir heute unsere globale Durchschnittstemperatur hochfahren, stellt alle diese Megakatastrophen noch in den Schatten. Um überhaupt eine Chance zu haben, den Kollaps des Ökosystems noch aufzuhalten, sollten wir daher als allererstes unsere Energieversorgung auf 100 % CO²-freie Energiequellen umstellen, und zwar nicht irgendwann in der Zukunft sondern jetzt. Das Team um Niveau élevé arbeitet bereits seit einigen Jahren mit großem Engagement an dieser Aufgabe, wie wir in den folgenden Kapiteln sehen können.